Xadens Perspektive
»Aufwachen, Eure Hoheit.«
Diese Stimme ... ich erkannte sie ... und es war eine, die ich noch nicht hören wollte. Stirnrunzelnd rollte ich mich auf den Bauch und vergrub mich so tief wie möglich im Bett. Es war niemand anderes als Burke, mein Erster Beta – gewissenhaft und zuverlässig wie eh und je. Er diente an meiner Seite, solange ich denken konnte, und half mir treu bei der Erledigung meiner diversen königlichen Angelegenheiten.
Er war mein vertrauenswürdigster Diener ... und derzeit ein unerwünschter Gast.
In Gedanken flehte ich ihn an, einfach zu verschwinden.
Diesmal durchbrach ein hallendes Klopfen die Stille und ließ mich zusammenzucken. »Prinz Xaden, es ist Zeit aufzustehen.«
Ich stöhnte auf. Offensichtlich besaß der Mann keinerlei Gespür für die Situation. Blind tastete ich nach der anderen Seite des Bettes, in der Erwartung, sie zu berühren ... suchte nach ihrer wohltuenden Wärme ... doch meine Hand landete flach auf der kalten Matratze.
Nanu ... hatte die Anwesenheit meines Betas sie verschreckt?
Noch halb schlafend stützte ich mich auf die Ellbogen und scannte das Zimmer langsam mit trüben Augen ab. Es bestand die Chance, dass sie noch hier war und sich irgendwo in Reichweite versteckte. Vielleicht stand sie nach den Ereignissen der letzten Nacht auch unter Schock.
Nichts am Fußende des Bettes.
Niemand am Fenster.
Die Badezimmertür stand weit offen, das Innere in Dunkelheit gehüllt. Und ihr Duft, der letzte Nacht noch so reich und mächtig gewesen war, war auf nichts weiter als ein paar durch die Luft schwebende Schlieren reduziert.
Also ... war sie doch gegangen ...
Mit einem schweren Seufzer ergab ich mich in mein Schicksal, aufzustehen und mich auf den Aufbruch vorzubereiten, während ich den dumpfen Schmerz in meiner Brust ignorierte. Lieblos warf ich mir meine Kleidung über und schritt ins Bad, um mich etwas ansehnlicher zu machen. Als ich mich jedoch im Spiegel des Waschtisches betrachtete, sah ich deutliche Male, die über den Übergang zwischen Hals und Schulter und über mein ganzes Schlüsselbein verstreut waren ... wütende, kleine rote Vertiefungen.
Blaue Flecken? Möglich, aber ... nein. Nein, das war etwas anderes.
Dieses kleine Biest, sinnierte ich lächelnd und berührte leicht die Bissspuren. Dem Anschein nach waren sie nicht tief genug gewesen, um Blut fließen zu lassen, aber keine Frau hatte es je gewagt, mich zuvor auf diese Weise zu markieren.
Als Alpha-Prinz hatte ich natürlich meinen Anteil an Frauen gehabt.
Daher waren One-Night-Stands außerhalb der Palastmauern keine Seltenheit.
Aber ich konnte mit Sicherheit sagen ... ich war noch nie jemandem wie Maeve begegnet, und noch nie hatte ich mich so lebendig gefühlt wie mit ihr. Wie war es möglich, dass eine scheinbar gewöhnliche Omega meine Hitze derart auslösen konnte, wenn keine Alpha-Tochter jemals auch nur annähernd herangekommen war? Die Hitze eines Wolfes auszulösen war etwas Besonderes – das konnte nicht einfach jeder.
Mein Blick wanderte zu dem leeren Bett, das von meinem Standort aus sichtbar war. Ich konnte sie mir immer noch bildlich vorstellen ... wunderschön, atemlos, vor Lust unter mir bebend.
Die letzte Nacht hatte mir etwas bedeutet. Fühlte sie genauso?
Entschlossen presste ich die Kiefer aufeinander. Ich wusste, was ich tun musste.
Ohne einen weiteren Moment zu verschwenden, machte ich mich zurecht. Ich fuhr mir mit einer feuchten Hand durchs Haar, damit es etwas weniger zerzaust aussah, steckte mein Hemd wieder unter den Gürtel und knöpfte mein zerknittertes Oberhemd zu ... obwohl ich beschloss, die obersten zwei Knöpfe offen zu lassen, um meine Trophäen der letzten Nacht subtil zur Schau zu stellen.
»Burke, komm her.«
Mein Beta betrat zügig das Hotelzimmer und neigte den Kopf. »Ist alles in Ordnung, Eure Hoheit?«
»Ich möchte, dass du etwas für mich erledigst.«
»Natürlich.«
»Finde das Omega-Mädchen namens Maeve«, sagte ich und legte mir die Krawatte locker um den Hals. »Ich muss sie wiedersehen.«
Maeves Perspektive
Fünfzehn Tage waren seit jener schicksalhaften Nacht vergangen.
Der Tag von Sarahs mit Spannung erwarteter Party zum achtzehnten Geburtstag war endlich da, und auf dem gesamten Mondstein-Anwesen brodelte es vor Aufregung. Dies diente nicht nur der Feier unserer Alpha-Tochter, sondern es war auch der Tag, an dem sich unser Rudel zum ersten Mal in der Gegenwart des hochverehrten Alpha-Prinzen Xaden befinden würde. Es kam nicht alle Tage vor, dass unser zweitklassiges Rudel auf königliche Hoheiten traf, also würde dies sicherlich ein Ereignis für die Geschichtsbücher werden.
Oh, und was für ein Tag das werden sollte.
Fünfzehn Tage waren vergangen, und hier war ich nun, verbarrikadiert in einer Toilettenkabine in unserem größten Festsaal im Rudelhaus ... mit einem positiven Schwangerschaftstest.
Wie war es dazu gekommen?
Nun, mein monatlicher Besuch war genau eine Woche nach jener Nacht fällig gewesen ... und er blieb aus. Heute war meine einzige Chance auf Freiheit, während alle anderen damit abgelenkt waren, die Party im Festsaal vorzubereiten. Also nutzte ich meinen Moment nach einer Woche ununterbrochener Sorgen. Unter einem Hut und einer Gesichtsmaske verborgen schlich ich mich hinaus, um in einer nahegelegenen Drogerie einen Schwangerschaftstest zu kaufen, und rannte so schnell ich konnte zurück, um mich im Badezimmer einzuschließen.
Drei Minuten später ... und hier war ich nun und erfuhr, dass ich Mama werden würde.
Zugegebenermaßen hatte es Anzeichen gegeben.
Nicht nur war meine Periode überfällig, sondern ich hatte vor zwei Tagen auch eine leichte Wölbung an meinem Unterleib bemerkt, die vorher nicht da gewesen war. Im Nachhinein betrachtet hätte eine Schwangerschaft die logischste Antwort sein müssen ... aber ich wollte nicht glauben, dass sie so schnell vorangeschritten sein könnte. Tatsächlich war sie so deutlich, dass ich mir Sorgen machte, wie ich die plötzliche Gewichtszunahme erklären sollte.
Bis Sarah versehentlich den Tag rettete.
Vater war nicht erfreut gewesen, als er erfuhr, dass wir – nein, dass *ich* es versäumt hatte, an jenem Tag im Einkaufsviertel der Hauptstadt ein neues Kleid zu kaufen. Folglich musste Sarah etwas aus ihrem persönlichen Kleiderschrank für mich finden. Das Kleid, das sie mir widerwillig zugeworfen hatte, war von ... minderwertiger Qualität, gelinde gesagt, mit seinen veralteten Mustern und der cremefarbenen Tönung, die offensichtlich einst ein reineres Weiß gewesen war. Der alte, dünne Stoff sah zudem ziemlich geschmacklos aus, aber ich konnte mich nicht dazu durchringen, mich zu beschweren oder mich darum zu scheren.
Das Kleid war ohnehin schon um Welten besser als das, was ich normalerweise trug.
Außerdem schien es meinen kleinen, aber wachsenden Babybauch anständig genug zu verbergen. Das geschieht viel früher, als ich es für ein Werwolfbaby erwartet hatte!
Diese zwei kleinen Striche schienen mich zu verhöhnen, während ich den Test mit zitternden Händen hielt. Bald würde ich mich um ein weiteres Leben kümmern müssen, abseits meiner grausamen Familie. Wie sollte ich ein Baby in einen Haushalt bringen ... in eine Welt, in der ich keine tragfähige Zukunft hatte?
Ich wollte mich übergeben, unsicher, ob das an den Nerven oder der morgendlichen Übelkeit lag.
Und doch ertappte ich mich dabei, wie ich der Ankunft dieses kleinen Lebens seltsam erwartungsvoll entgegensah. Als ich meinen Bauch mit sanfter Neugier berührte, wollte ich das Baby kennenlernen, das aus der komplexesten Nacht meines Daseins entstanden war.
»Maeve?«
Erschrocken schlug ich mir die Hand vor den Mund, um ruhig zu bleiben. Das war Sarahs Stimme vor der Kabinentür. Ich war noch nicht bereit, sie zu sehen – noch nicht. Gleichzeitig wusste ich, dass mein Schweigen ihr nur bestätigen würde, dass ich diejenige in der Kabine war.
Ich konnte so oder so nicht gewinnen.
»Wir können deine Faulheit heute nicht gebrauchen. Komm sofort raus!«
Lautes Klopfen an der Tür erschütterte die Kabine. Sie würde nicht aufhören, und ich musste diesen Test verstecken! In meiner Hast pfefferte ich den Test in den Mülleimer und betete zu allem und jedem, das mir einfiel, sie möge ihn einfach in Ruhe lassen.
Widerwillig öffnete ich die Tür, und dort stand Sarah, üppig aufgebrezelt wie eine echte Alpha-Tochter, und funkelte mich ungeduldig an.
Ich versuchte, mich beiläufig so zu positionieren, dass ich ihr die Sicht versperrte. »Brauchst du etwas?«
Sie runzelte die Stirn. »Was hast du gemacht?«
Ich holte Luft. »Ich musste mich nur kurz beruhigen, bevor die Gäste eintreffen.« Es war keine völlige Lüge, aber die Party war im Moment nicht meine Hauptsorge gewesen.
»Was hast du in den Müll geworfen?«
»Nichts, nur ein Taschentuch ...«
Aber bevor ich ausreden konnte, schob Sarah mich zur Seite und drängte sich in die Kabine, wobei sie direkt den Mülleimer ansteuerte. Panisch kämpfte ich darum, sie wegzuziehen, aber sie rührte sich nicht vom Fleck. Und als sie sich umdrehte, den Schwangerschaftstest in der Hand ... wusste ich, dass ich erledigt war.
»Sieh an, sieh an.« Sie ließ den Test mit einem höhnischen Lachen vor mir baumeln. »Sieht aus, als hätte ich dein kleines Geheimnis gefunden, Mami.«
















