☞ Scarlett ☜ Tränen vernebeln mir die Sicht, als ich aus dem Anwesen fahre. Mit zitternden Händen rase ich zum Krankenhaus, in dem Liam oft Patient war. Gelegentlich starre ich auf sein Gesicht und sehe die Spuren von Tränen in seinen nun geschlossenen Augen. Drei Jahre lang hat der Arzt ihm Medikamente gegeben, um seine Krankheit zu behandeln. Das Geld, das ich zur Verfügung stellte, reichte kaum aus, um die notwendige Operation durchzuführen. Jetzt mache ich mir schreckliche Sorgen. Was, wenn diese aktuelle Krise sein Leben fordert? Ich habe kein Geld bei mir, nicht einmal einen Cent. Ich bin völlig pleite. Meinen Manager oder irgendjemanden wegen meines Geldes anzurufen, wäre reine Zeitverschwendung. Wie üblich würden sie antworten: "Hat Herr Richard es erlaubt?" Ich presse die Zähne zusammen und lenke nach rechts. Ich fahre, aber meine Aufmerksamkeit ist geteilt. "Soll ich mein Auto verkaufen?" überlege ich, aber gerade dann höre ich ein quietschendes Geräusch. Ein schwarzer Maserati kommt auf mich zu, unsere Autos bewegen sich in einer Kollision aufeinander zu. Heilige Scheiße! Da hält mein Auto. Direkt vor dem Auto. Gott sei Dank habe ich nicht mein Leben und meinen bereits sterbenden Sohn verloren. Ich hebe den Kopf und in diesem Moment höre ich einen scharfen Knall, als der Autobesitzer sein Auto schließt. Er geht fröhlich und inspiziert sein Auto. Mit Gottes Segen ist nichts Schlimmeres passiert. Habe ich sein Auto am Ende verbeult? Wenn das das Problem ist, dann bin ich tot. Ich habe keinen Penny, um für die Reparatur zu geben. Seine Augen treffen meine und ich bemerke die komische Art, wie er auf mich zukommt. Ist er betrunken? Ich werfe mein tränenverklebtes Haar nach hinten, um einen richtigen Blick auf sein Gesicht zu bekommen. „Junge Dame, Sie haben es geschafft, mein neues Baby zu ruinieren. Ich nehme keine Entschuldigung als Antwort. Ich werde einfach meinen Mechaniker anrufen und Sie werden das Geld überweisen." Für ein paar Sekunden starren wir uns an und ich kann nicht anders, als seine vollen braunen Haare, die kantige Kinnlinie und die fesselnden Grübchen zu bemerken. Das ist selten und er ist wirklich atemberaubend. Da ist eine Art, wie er sich über die Lippen leckt, die mich fast vergessen lässt, dass ich in einer tiefen Scheiße stecke. Er grinst und sagt dann: „Du bist wunderschön, aber warum hast du diesen Stil? Dein Haar... Meine Ex hatte genau diesen Stil und dann sagt sie, wir sind fertig!" Er demonstriert. Sein Mund riecht nach Alkohol. Ich drehe mich in die entgegengesetzte Richtung, um den Geruch zu vermeiden, und meine Augen fallen wieder auf Liam. Jetzt hat er angefangen aufzuquellen. „Oh, mein Gott!" Frische Tränen fallen aus meinen Augen. „Es tut mir sehr leid, dass ich Ihr Auto ruiniert habe, aber ich muss gehen. Mein Sohn stirbt! Sie können Ihre Karte abgeben. Ich schicke Ihnen das Geld später. Im Moment muss ich ins Krankenhaus", sage ich, als ob ich Geld bei mir hätte. Er ignoriert es und fragt stattdessen: „Ihr Sohn, Sie haben einen Sohn?" Ich starre ihn an. Ich denke, es ist die dümmste Frage, die ich je gehört habe. Ich drehe meinen Schlüssel, um loszufahren, und ich habe mich noch nie so überwältigt und beschämt gefühlt. Mein Automotor zündet nicht, das Geräusch, das vom Motor kommt, bedeutet nur eines. Mein Diesel ist leer. "War es bestimmt, dass du heute sterben sollst?" frage ich rhetorisch, mein Ton voller Enttäuschung. Ich weiß, dass Liam mich nicht hören kann. Ich wickle ihn in die Jacke, die ich mitgebracht habe, trage ihn in meinen Armen, schiebe meine Autotür nach vorne und treffe den Mann dabei. „Es tut mir nochmals leid", verbeuge ich mich. „Ich weiß, ich habe kein Recht, Sie nach Geld zu fragen, nachdem ich Ihr Auto ruiniert habe, aber ich brauche ein paar Dollar, um mich zumindest ins Krankenhaus zu transportieren. Können Sie mir dabei helfen, bitte?", sage ich. Er legt seine Hand auf Liam und fühlt seine Temperatur. Er ist plötzlich nüchtern. „Steigen Sie in mein Auto, wir müssen SOFORT los", antwortet er. „Hä? Sie sind doch betr--" wollte ich sagen, aber er nimmt Liam vorsichtig aus meinen Armen. Er bewegt sich fast im Laufschritt zu seinem Auto, legt ihn auf den Beifahrersitz und startet den Motor. Ich stehe voller Ehrfurcht da. „Kommen Sie oder nicht? Sie klangen, als ob Sie Ihren Sohn retten wollten, aber jetzt sieht es nach dem Gegenteil aus!", schreit er. Ich renne auf ihn zu, steige in Windeseile ins Auto und wir rasen los. --- Am nächsten Morgen beobachte ich, wie er in der Klinik auf und ab geht. Meine Hände und Beine bewegen sich unruhig. Ich bin auch nervös, aber es fühlt sich herzerwärmend an, jemanden an meiner Seite zu haben. Jemanden, der sich kümmert. Die ganze Nacht hat er nicht geschlafen. Er ist auch nie weggegangen. Der junge Mann ging mit galanten Schritten auf und ab und ich muss gestehen, er sieht umwerfend aus, sehr gut aussehend. Er ist muskulöser und gutaussehender als Richard. Richard hatte nur einen Vorteil: seine Größe. Ich kannte nicht einmal seinen Namen, aber er ist so freundlich zu mir. Er übernahm Richards Rolle in meinem Leben und Liams Leben. Die ganze Nacht starrte ich auf mein Handy und zum ersten Mal rief Richard nicht an. Ich stelle mir vor, wie er mehrmals mit meiner Pflegeschwester Sex hat. Sie hatten das buchstäblich in meine Ohren gespült, bevor ich das Anwesen mit den nicht unterschriebenen Scheidungspapieren verließ. Ist es nicht das Richtige, sich von ihm scheiden zu lassen? Ich brauche ein neues Leben, einen Neuanfang. Mit Richard die ganze Zeit zusammenzuleben, bei den Donalds zu bleiben, war verdammt giftig! „Einen Penny für Ihre Gedanken", sagt er und wir beide lächeln. Ich wollte aufstehen. „Nein, nein, setzen Sie sich bitte." schlägt er vor. „Vielen Dank für alles, für die Hilfe und für das Übernachten", erkläre ich. Er schüttelt den Kopf und blickt auf den Arzt, der zu uns kommt, wo wir sitzen; ich erblicke wieder seine Grübchen. „Guten Morgen, Doktor. Wie geht es ihm?", fragt er zuerst. „Liam geht es gut. Wir werden die Operation morgen wie besprochen beginnen. Er erhält derzeit Medikamente", sagt der Arzt. Hat er die Rechnung für die Operation bezahlt? War das das, worüber er mit dem Arzt in seinem Büro gesprochen hatte, nachdem ich mit ihm gesprochen hatte?. Frage ich mich. Sie geben sich beide die Hand und der Arzt versichert mir, dass es Liam gut gehen wird. „Liam... William, richtig?", fragt er sofort, nachdem der Arzt gegangen ist. Ich nicke. „So ein schöner Name. Bald genug wird er es dir ins Gesicht sagen" Ich schaue ihn verwirrt an. „Was soll er mir ins Gesicht sagen?" „Du bist die beste Mutter der Welt!", antwortet er. Ich kichere. „Ich meine es ernst", fährt er fort. „Alleinerziehende Mütter wie Sie sind selten" Ich verschlucke mich fast. „Alleinerziehende Mutter? Ich bin nicht... ach, egal!" Ich gebe auf. Geschieden zu sein ist dasselbe wie eine alleinerziehende Mutter zu sein, wenn ich rechne. Irgendwie lassen mich die freundlichen Gesten dieses jungen Mannes erkennen, dass das Unterschreiben der Scheidung nicht unbedingt eine schlechte Sache ist. Eine alleinerziehende Mutter zu sein, klang nicht so schlimm. Das war ich die ganze Zeit, sogar in meiner Ehe. „George Briggs, C.E.O. Briggs Pictures. Es freut mich sehr, die beste Mutter der Welt kennenzulernen", stellt er sich scherzhaft vor und reibt kurz seinen kleinen Bart, bevor er seine Handflächen ausstreckt. „Scarlett die Sängerin, Scarlett Dermott!", sagt er in dem Moment, als ich mich vorstellen wollte. Ich bin begeistert. „Ist er mein Fan?" „Ich genieße Ihre Musik sehr, Scarlett", bestätigt er meinen Gedanken und singt den Refrain einer meiner Singles. Ich versuche so sehr, nicht rot zu werden. Piep! mein Benachrichtigungston unterbricht und ich konnte nicht glauben, was meinen Augen begegnet.