Cameron erstarrte. Sie hatte nicht erwartet, dass ihr neuer Mitbewohner Elijah sein würde, ihr Klassenkamerad. Elijah gehörte zu den vier begehrtesten Junggesellen der Langford Academy – und war darüber hinaus ein Einser-Schüler. Seit seiner Einschreibung hatte er, ob wöchentliche Tests, Klassenarbeiten, Zwischenprüfungen oder Abschlussprüfungen, immer den ersten Platz in der gesamten Jahrgangsstufe belegt. Cameron hatte auch gehört, dass seine Familie eine Kette von Privatkliniken betrieb. Er hatte Geld, Aussehen und Verstand – er war wirklich das Komplettpaket. Aber das war nicht das, was Cameron im Kopf hatte. Was zählte, war, dass ausgerechnet Elijah ihr Mitbewohner war. Sie hatte immer noch die Nachricht von Amelia auf ihrem Handy, in der sie aufgefordert wurde, hundert Fotos von Elijah zu machen. Jetzt, wo sie im selben Wohnheim wohnten, fühlte sich diese Aufgabe plötzlich viel zu bequem an. Und da Elijah direkt vor ihr stand, konnte Cameron nicht umhin, sich ein wenig schuldig zu fühlen. Sie dachte: "Warte mal. Warum sollte ich mich schuldig fühlen? Es ist ja nicht so, dass ich unangebracht in ihn verknallt bin oder so. Es gibt keinen Grund, sich schuldig zu fühlen." Elijah bemerkte, dass Cameron wie eine Statue dastand, und sprach mit kühler Stimme: "Brauchst du etwas?" Seine Stimme war, wie seine Augen, distanziert, aber sie war melodisch. Cameron riss sich zusammen, eine Hand in der Hosentasche, ihr Gesicht leer unter ihrem kurzen Haar. Sie gab dem Schlüssel in ihrer anderen Hand einen kleinen Ruck. "Hallo. Ich bin dein neuer Mitbewohner." Bei ihren Worten runzelte Elijah leicht die Stirn. Aber er hatte gute Manieren und sagte nichts. Das Wohnheimzimmer war riesig, etwa tausend Quadratfuß. Es war für sechs Personen ausgelegt, mit drei Betten auf der linken und drei auf der rechten Seite – es gab viel Platz. Vier der Betten waren bereits mit den von der Schule ausgegebenen grauen Laken bezogen, und zwei waren noch leer, was bedeutete, dass, Elijah mitgezählt, bisher vier Personen hier wohnten. Das Bett links in der Nähe der Tür war nicht beansprucht, also ließ Cameron die Bettwäsche, die sie bekommen hatte, darauf fallen. Im Moment war Elijah der Einzige im Raum. Die anderen drei Mitbewohner waren nicht da. Sobald er verstanden hatte, warum Cameron hier war, senkte Elijah seinen Blick und ging zurück zu seiner Lektüre an seinem Schreibtisch. Er war in der Schule ziemlich bekannt – dafür, dass er einer der begehrtesten Junggesellen war. Cameron war auch berühmt – dafür, die "Verlobte" von Amelia, dem beliebtesten Mädchen der Schule, zu sein. Elijah belegte den ersten Platz in der Klasse 15, Abschlussjahrgang, während Cameron den letzten Platz in derselben Klasse belegte. Und jetzt, durch eine lächerliche Wendung des Schicksals, teilten sie sich ein Wohnheim. Cameron hatte nicht viel Gepäck. Nachdem sie ihr Bett gemacht hatte, beschloss sie, loszugehen, um Toilettenartikel und einen Verdunkelungsvorhang zu kaufen. Auch wenn sie wie ein Junge gekleidet war, war sie immer noch ein Mädchen. Da sie sich ein Wohnheim mit vier Jungs teilte, musste sie sich einen privaten Raum für sich schaffen. Sie nahm ihr Handy heraus und überprüfte ihren Kontostand – etwa fünfzigtausend Dollar. Martin und Heidi hatten deutlich gemacht, dass sie wollten, dass sie Amelia während der High School für sich gewinnt und sich so bald wie möglich nach dem Abschluss offiziell verlobt. Deshalb hatten sie Cameron Taschengeld gegeben. Schließlich kostete die Werbung um ein Mädchen – besonders um ein reiches, schönes Mädchen wie Amelia – Geld. Cameron starrte ausdruckslos auf den Kontostand. Sie wusste, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis sie und ihre Eltern sich endgültig zerstritten. Wenn das passierte, würden sie sie definitiv fallen lassen, also musste sie einen Weg finden, ihr eigenes Geld zu verdienen. Elijah sagte plötzlich: "Wenn du dich nicht daran halten kannst, werde ich Herrn Graham bitten, dich in ein anderes Wohnheim zu verlegen." Cameron starrte immer noch auf ihr Handy, als ein Blatt Papier vor ihr auftauchte. Die Hand, die es hielt, war wohlgeformt und elegant und gehörte eindeutig jemandem, der ein Leben in Komfort gewohnt war. Elijah, mit scharfen Zügen und kühlen Augen, stand vor ihr. Cameron nahm das Papier und las die Liste leise vor, wobei sie murmelte: "Erstens: Belästige mich nicht, während ich lerne. Zweitens: Belästige mich nicht, während ich lerne. Drittens: Belästige mich nicht, während ich lerne." Elijah hatte dieselbe Zeile dreimal geschrieben. Als sie mit dem Lesen fertig war, sah Cameron zu ihm auf.