JACOB
Ich wollte ihn doch nur ein bisschen aufziehen.
Michael wirkte wie jemand, den man leicht hochnehmen konnte. Ich meine … seine Reaktionen waren einfach zum Knuddeln.
Nach ein paar Stunden mit ihm war mein Verdacht, er sei homophob, wie weggeblasen. In seinem Herzen war kein Platz für Hass, nicht die kleinste Spur. Als ich mit ihm herumtollte, reagierte er genau so, wie ich es erwartet hatte. Er hatte seinen Spaß, nahm es gelassen und war nicht im Geringsten von mir abgestoßen, nur weil ich als Mann mit ihm flirtete.
Was ich allerdings nicht erwartet hatte, war die Reaktion zwischen seinen Beinen, als ich mich an ihn presste.
Was zur Hölle war da los? „Hey, Michael … hast du gerade etwa …“
„ICH MUSS AUF DIE TOILETTE!“, brüllte Michael, stieß mich von sich und rannte mit einer Geschwindigkeit ins Bad, die ich für menschlich unmöglich gehalten hätte.
Ich war wie erstarrt, unfähig, schnell zu reagieren. Ich saß eine gefühlte Ewigkeit auf dem Boden, bevor ich langsam aufstand, um nach ihm zu sehen. Ich musste dem Kerl auf den Zahn fühlen. Vielleicht war ja alles nur ein Fehlalarm.
Ich angelte mir ein Hemd aus der Kommode und ging zum Bad. Michael hatte sich verbarrikadiert, also rüstete ich mich innerlich für eine kleine Aufmunterungsrede. Der arme Kerl musste sich ja zu Tode schämen. Zuerst horchte ich an der Tür, ob er irgendwelche Geräusche machte.
„Michael, du blöder Idiot.“
Ich hörte ihn murren.
„Was zum Teufel ist los mit dir? Was sollte diese Reaktion?“, keifte er.
Ich musste mich beherrschen, um nicht loszulachen. Es schien, als würde er sich selbst schon eine ordentliche Standpauke halten.
„Verdammter Mistkerl, Penis. Wie konntest du mir das antun, du Verräter?“, schimpfte er weiter.
Beschimpfte er jetzt seinen eigenen Penis?
„Ähm … Michael … alles okay da drinnen, Kumpel?“, fragte ich mit einem nervösen Kichern.
„Alles bestens! Bin gleich wieder draußen“, kam es kleinlaut zurück. Geduldig wartete ich vor der Tür, während er sich wieder fasste. Nach einer gefühlten Ewigkeit öffnete sich die Tür, und Michael stand mit einem schüchternen Lächeln vor mir. „Tut mir leid, wenn es so lange gedauert hat. Ich musste nur …“
„Ein Vieraugengespräch mit deinem besten Stück führen?“, grinste ich.
Michaels Augen weiteten sich. „Oh, das hast du gehört?“
„Du hast es ja nicht gerade geflüstert. Aber hör mal, du brauchst dich nicht so zu genieren. Wir sind doch unter Männern“, versuchte ich, ihn zu beruhigen.
„Ja, genau das ist ja das Problem“, murmelte er.
„Wie bitte?“ Ich stellte mich dumm.
„Ach, nichts. Aber Jacob, es tut mir wirklich leid wegen dem, was du … äh … gerade gespürt hast. Das war nur eine natürliche Reaktion auf …“ Er brach mitten im Satz ab, als ob er nicht wüsste, was er sagen sollte.
„Mach dir keinen Kopf, Michael. Ist doch nicht schlimm. Ist ja nicht so, dass du schwul bist und auf mich stehst, oder? Du datest schließlich meine Schwester“, sagte ich und lachte. Ich reichte ihm das Hemd. „Hier, zieh das an.“
„Oh Gott, nein. Ich bin doch nicht schwul. Ich könnte gar nicht heterosexueller sein. Du brauchst dir also keine Sorgen zu machen“, beeilte sich Michael zu sagen, während er unbeholfen an den Knöpfen des Hemdes herumfummelte, das ich ihm gerade gegeben hatte.
„Wer sagt denn, dass ich mir Sorgen mache?“, zwinkerte ich.
„Nein, ich meinte nicht Sorgen, sondern eher …“
Verdammt … wenn ich ihn jetzt nicht stoppe, platzt dem Kerl gleich eine Ader. Ich hatte noch nie jemanden gesehen, der wegen einer simplen Erektion so aus der Haut fuhr. Ich griff rüber und half ihm, das Hemd zuzuknöpfen, während er damit kämpfte. Er erstarrte plötzlich und ließ mich gewähren. Ich spürte, wie er jedes Mal zitterte, wenn meine Finger seine Haut berührten. Himmel … es war ja nicht so, dass ich ihn absichtlich anfasste!
Aber Moment mal … warum hatte er überhaupt einen Ständer bekommen, als ich vorhin auf ihm lag, wenn er doch so hetero war? Und warum war er so aus dem Häuschen wegen einer harmlosen Berührung meiner Finger? „Also, Michael, bist du dir wirklich absolut sicher, dass du hetero bist?“, fragte ich und rückte ihm auf die Pelle.
Michael wich leicht zurück. „Was meinst du damit, Jacob?“, fragte er mit unschuldiger Miene.
„Wir haben doch nur rumgealbert, und ich habe dich ein bisschen geneckt“, sagte ich und ging weiter langsam auf ihn zu.
„Ja?“, er wich noch ein Stück zurück.
„Und ich habe deine nackte Haut berührt, während ich auf dir lag“, sagte ich und ließ mir absichtlich Zeit, um auf den Punkt zu kommen.
„Na und?“, stammelte Michael.
„Also … wenn du so hetero bist, warum hast du dann einen Ständer bekommen, als ich dich berührt habe? Was verbirgst du, Michael Morris?“ Ich fixierte ihn mit meinen Augen, während er mit dem Rücken an der Wand stand. Ich legte meine Hände links und rechts neben ihn an die Wand, damit er nicht entwischen konnte. Versuch jetzt zu flüchten, Mikey.
„Wo… woher soll ich das denn wissen? Ich hab dir doch gesagt, das war nur eine natürliche, biologische Reaktion. Ich bin wohl voller Hormone. Vielleicht habe ich an ein nacktes Girl gedacht oder so!“, beteuerte Michael.
„Ach ja? Denk bloß nicht an irgendein nacktes Girl, während du mit meiner Schwester zusammen bist. Sonst setzt es was“, sagte ich barsch und packte ihn im Nacken.
Er versuchte, sich zu bewegen, aber es war aussichtslos, da ich ihn fest im Griff hatte. Aber er würde keinen Schritt machen, wenn ich ihn nicht ließ.
„Jacob, lass mich los. Ich hab das doch nicht so gemeint“, sagte Michael. In seinen Augen spiegelte sich keine Angst wider. Es war etwas anderes. Ich konnte es nicht deuten.
„Warum machen wir dann nicht einen kleinen Test?“, schlug ich vor. Vielleicht übertrieb ich es mit meinen Neckereien, aber es machte einfach zu viel Spaß.
„Te… Test? Was für einen Test?“, stotterte Michael.
Ich schwieg einen Moment und starrte ihm weiter in die Augen. In seinem hellblauen Blick tanzten grüne Sprenkel. Ich konnte mich nicht von ihm abwenden.
„Einen Test, um herauszufinden, ob du wirklich hetero bist“, sagte ich.
„Wie stellst du dir das vor?“, fragte Michael.
Er wirkte nervös, aber nicht verängstigt. Seine Wangen röteten sich wieder.
„Wie wäre es mit einem kleinen Kuss?“, sagte ich rau.
Michael erstarrte für einen Augenblick. Er sagte nichts, als ich meine Hand von seinem Nacken zu seinem Gesicht gleiten ließ und seine Wange umfasste.
„Du hast doch nichts dagegen, oder? Nur ein kleiner Schmatzer, um zu sehen, ob du etwas anders fühlst“, sagte ich und fuhr ihm leicht mit dem Daumen über die Unterlippe. Okay, ich gab zu, ich ging zu weit. Er war mit meiner Schwester zusammen, verdammt noch mal! Aber meine Neugier war einfach zu groß. Wie weit würde er mich gehen lassen?
„Ich weiß nicht recht“, flüsterte er.
„Du gibst dich doch so selbstsicher, was deine Sexualität angeht, also würde dich ein kleiner Kuss doch nicht umbringen, oder? Es sei denn, du hast Angst, dass du etwas entdeckst, was du lieber nicht entdecken würdest?“, zwinkerte ich.
„Nein. Ich habe keine Angst, also mach einfach“, sagte Michael.
Der Typ hatte mehr Mumm, als ich ihm zugetraut hätte. Ich grinste und kam seinem Gesicht näher. „Bist du sicher?“, flüsterte ich.
„Küss mich schon, Jacob“, sagte er etwas entschlossener. Er wollte unbedingt beweisen, dass er nicht schwul war.
Langsam streichelte ich seine Wange mit meinem Daumen. Für einen Mann hatte er eine unglaublich weiche Haut. Ich beugte mich vor und stoppte kurz bevor sich unsere Lippen berührten. Er schloss die Augen. Ich lächelte, zog mich zurück und wartete, bis er seine Augen wieder öffnete.
Er sah mich mit einer Mischung aus Überraschung und Verwirrung an.
„Ich mache nur Spaß, Mike. Ich würde dich doch nicht zwingen, mich zu küssen. Tut mir leid, wenn ich dich in Verlegenheit gebracht habe“, sagte ich und schenkte ihm ein entschuldigendes Lächeln.
Michaels Augen verdunkelten sich. „Ach so, okay, du bist ein verdammtes Arschloch, Jacob. Hör auf, mich ständig zu verarschen“, sagte er und lachte leise. Er wirkte fast enttäuscht, dass ich ihn nicht geküsst hatte.
Quatsch, das bilde ich mir nur ein. Warum sollte er enttäuscht sein?
















