Ich starre ihn fassungslos an.
„Was? Ihr könnt mich doch nicht einfach hier festhalten. Was ist, wenn dieses Monster zurückkommt? Ich werde nicht weglaufen können!“, wende ich ein. Es gibt ungefähr eine Million andere Gründe, warum ich nicht magisch in einem einzigen Gebäude gefangen sein will, aber ich denke, ich sollte mit den lebensbedrohlichen anfangen.
Ich könnte argumentieren, dass ich einen Job habe, zu dem ich gehen muss, dass ich Geld verdienen muss und all das. Aber selbst ich sehe die Argumente, die dagegen sprechen. Ich arbeite mit Kindern; wenn dieses Monster *tatsächlich* zurückkommt, darf ich sie nicht in Gefahr bringen. Aber trotzdem, es ist ja nicht so, als könnte ich ewig hierbleiben.
„Sie werden hier sicher sein“, antwortet Torin schlicht. Und ich glaube ihm, verdammt noch mal.
„Aber ... Sie können mich nicht ewig hierbehalten. Das ist nicht fair. Ich habe Ihnen nichts getan“, beharre ich. Laura stößt mich mit dem Ellbogen an. Offenbar ist es nicht ratsam, mit dem Boss zu streiten, obwohl er sich an meinem Gejammer nicht sonderlich zu stören scheint.
„Es ist auch nicht fair für uns alle, in Gefahr zu geraten, nur weil Torin dein Leben gerettet hat. Du wirkst nett, wirklich. Aber bitte versteh, wir können dir nicht einfach ... vertrauen“, fleht sie förmlich.
Ich merke, dass sie auch nicht scharf darauf ist, diesen Bindungszauber durchzuführen. Ihr scheint der Gedanke unbehaglich, mich hier einzusperren. Ich bin mir ziemlich sicher, dass Laura eine grundauf nette Person ist. Den Befehl zu erhalten, jemanden gegen seinen Willen festzusetzen, fällt ihr wahrscheinlich wirklich schwer. Ich denke die Sache durch. Wenn das Problem darin besteht, dass sie mir nicht vertrauen können, heißt das ja nicht, dass ich für immer hier feststecken muss, oder?
Es bedeutet nur, dass ich hier bin, bis sie mir vertrauen. Ich bin eine vertrauenswürdige Person. Sie wirken alle etwas paranoid, aber das kann ich ihnen nicht verübeln. Wenn ich ihr Vertrauen brauche, um frei zu sein, dann sollte ich besser anfangen, es mir zu verdienen. Ich drehe mich wieder zu Torin um, der mich immer noch genau beobachtet. Ich habe das Gefühl, er wartet vielleicht darauf, dass ich ausraste oder versuche zu fliehen.
„Versprechen Sie mir, dass ich hier sicher bin?“, fordere ich. Er nickt langsam.
„Dieser Zauber, den sie wirken soll – kann er irgendwann wieder entfernt werden?“, frage ich. Er blinzelt erneut. Ich glaube, ich habe ihn verwirrt.
„Ja. Aber wenn Sie glauben, Sie könnten ihn brechen und weglaufen, werden Sie enttäuscht sein. Nur die Person, die ihn gewirkt hat, kann ihn brechen. Laura wird diesen Zauber niemals gegen ihren Willen aufheben. Sie sind nicht mächtig genug, um sie zu zwingen.“ Sein Tonfall ist eine Warnung. Aber ich weiß das tatsächlich zu schätzen. Er beschützt seine Leute, das ist süß.
„Seien Sie nicht albern. Ich werde sie zu nichts zwingen. Ich wollte nur sichergehen, dass es nicht für immer ist. Also gut, du kannst weitermachen und den Zauber wirken. Muss ich irgendetwas tun?“, frage ich Laura. Sie sieht mich an, als wäre ich verrückt.
„Du ... Du wirst mich einfach ... einfach machen lassen?“, fragt sie verwirrt, und ich nicke.
„Jep“, stimme ich leichthin zu.
„Aber ... Bist du nicht verängstigt oder wütend? Willst du nicht fliehen? Wir sperren dich im Grunde ein, obwohl du nichts verbrochen hast!“, erinnert sie mich. Der Gedanke scheint sie mehr zu verstören als mich. Ich lächle ihr zu und versuche, sie zu beruhigen.
„Ich bin nicht wütend. Vielleicht ein bisschen ängstlich, aber wer wäre das nicht? Ich verstehe, dass ihr euch alle schützen müsst. Ihr seid nur in dieser Situation, weil ihr mir geholfen habt. Gefangen zu sein ist besser als tot zu sein, und wenn der Zauber nicht von Dauer ist, dann denke ich, muss ich euch allen nur beibringen, mir zu vertrauen, und ihr werdet ihn von ganz allein wieder entfernen. Ich bin eine vertrauenswürdige Person, weißt du. Ich habe beschlossen, der erste Schritt, um das Vertrauen aller zu gewinnen, ist das zu tun, womit ihr euch wohlfühlt. Wenn das bedeutet, hierzubleiben, dann sei es so“, erkläre ich.
Alle drei starren mich an. Selbst Torins Pokerface scheint ein winziges bisschen verrutscht zu sein. Er sieht ... verwirrt aus. Als würde er etwas Unmögliches betrachten, wie eine Ente auf Rollschuhen. Es ist irgendwie bezaubernd, wie verblüfft er ist. Er kehrt schnell zu seinem stoischen Ausdruck zurück, und ich muss den Drang unterdrücken zu kichern. Vielleicht bin ich an diesem Punkt ein wenig hysterisch. Keine Ahnung.
„Laura, wirke den Bindungszauber auf Miss Akari“, befiehlt er zum zweiten Mal.
„Ja, Sir. Sofort“, stimmt sie zu. Diesmal wirkt Laura nicht annähernd so widerwillig. Ich sehe immer noch, dass sie sich dabei schlecht fühlt, aber offenbar hat meine Zustimmung das unterschwellige Schuldgefühl beseitigt, das an ihr genagt hat. Ich bin froh. Ich will nicht, dass sie sich schlecht fühlt, weil sie ihre Freunde beschützt. Sie seufzt.
„Carina, gib mir bitte deine Hand“, bittet Laura. Ich strecke sie bereitwillig aus. Ich gebe ihr die linke, da mein rechtes Handgelenk völlig zerkratzt und verbunden ist. Das ist vielleicht das Dümmste, was ich je getan habe. Sie haben recht, ich sollte wahrscheinlich versuchen wegzulaufen, ihnen zu entkommen. Aber allein hätte ich keine Chance.
Außerdem gibt es offenbar eine ganze Menge Dinge, von denen ich nichts wusste. Monster und Magie, um nur mal zwei zu nennen. Ich will mehr wissen, und sei es nur, weil es mir eine bessere Überlebenschance gibt. Ich habe keine Ahnung, warum dieses Monster hinter mir her war, aber wenn Torin fähig war, es zu verjagen, dann bin ich geneigt, in seiner Nähe zu bleiben. Laura dreht meine Hand um, sodass die Innenseite meines Handgelenks nach oben zeigt, dann umklammert sie mein Gelenk fest.
„Entschuldige deswegen“, entschuldigt sie sich, bevor sie die Augen schließt und beginnt, lautlos etwas vor sich hinzusprechen. Als würde sie versuchen, sich an etwas zu erinnern, und es im Kopf durchgehen. Mein Handgelenk beginnt sich warm anzufühlen. Liegt das an ihrem Griff oder daran, dass etwas passiert? Ich mag dem zugestimmt haben, aber das heißt nicht, dass ich nicht nervös deswegen bin. Mein Handgelenk ist jetzt nicht mehr nur warm, es ist heiß. Ich möchte es irgendwie wegziehen. Okay, jetzt brennt es. Instinktiv will ich zurückzucken, aber Torin schnellt vor und packt meinen Arm, hält ihn fest an Ort und Stelle.
„Noch nicht. Ein bisschen länger“, beharrt er. Meine Augen tränen und ich beiße mir auf die Lippe, aber ich nicke. Er lässt meinen Arm nicht los. Nach einer gefühlten Stunde, die wahrscheinlich nur ein paar Sekunden dauerte, öffnet Laura die Augen und lässt mein Handgelenk los.
„Es ist vollbracht.“ Sie sieht mir in die Augen.
„Du bist auf das Gebäude beschränkt. Wenn du auch nur einen Finger aus der Tür streckst, wirst du es bereuen“, warnt sie. Es sollte drohend klingen, aber ich glaube nicht, dass sie es so meint; ich glaube, sie warnt mich wirklich.
„Was passiert, wenn ich es tue? Ich werde es nicht tun. Ich will es nur wissen“, frage ich.
„Der brennende Schmerz, den du gerade in deinem Handgelenk gespürt hast? Das wirst du fühlen, wenn du diesen Ort verlässt“, erklärt sie. Ein Gedanke kommt mir. Ich hätte wirklich mehr Fragen stellen sollen, bevor ich dem zugestimmt habe.
„Was ist, wenn mich jemand anderes hier hinausbringt? Löst mein Hinausgehen es aus oder meine Entscheidung zu gehen?“, fahre ich fort. Laura runzelt die Stirn.
„Ich rate dir, dich von niemandem hier rausbringen zu lassen. Der Schmerz wäre ... Nun, er könnte dich töten“, gibt sie zu, und ich schaudere. Magie ist verdammt unheimlich.
Ich will mein Handgelenk prüfen; ich bin mir ziemlich sicher, dass ich eine Brandwunde oder so etwas haben werde. Nur kann ich es nicht wirklich ansehen, weil Torin immer noch meinen Arm hält. Ich räuspere mich und ziehe ein wenig daran. Er lässt mich schnell los und tritt drei ganze Schritte zurück. Okay, das war irgendwie übertrieben. Immerhin kann ich jetzt mein Handgelenk prüfen. Ich bin überrascht zu sehen, dass es weder rot noch gereizt ist. Allerdings gibt es ein Mal. Es sieht jedoch nicht wie eine Verletzung aus, eher wie eine Narbe oder eines dieser weißen Tattoos. Es ähnelt einem Bündel ineinandergreifender Dreiecke, die eine Rautenform bilden. Es ist irgendwie hübsch, obwohl ich den neuen Körperschmuck nicht erwartet hatte. Plötzlich schwankt Laura. Ich trete automatisch vor und stütze sie.
„Woah, alles in Ordnung?“, frage ich besorgt. Sie schenkt mir ein schwaches Lächeln.
„Bin okay. Nur sehr müde. Das war ein großer Zauber“, versichert sie mir. In dem Moment geben ihre Knie nach und sie bricht nach vorn in meine Arme zusammen. Ich fange sie so gut ich kann auf, aber sie ist größer als ich und ich habe Mühe.
„Äh ... Leute? Ein bisschen Hilfe hier?“
















