Sophias Hände zitterten, als sie auf den Plastikstreifen starrte und nicht ganz begreifen konnte, was sie sah.
Positiv.
Sie war schwanger.
Eine Flut von Emotionen brach über sie herein – Schock, Angst, Scham... aber auch ein Schimmer von Hoffnung und Ehrfurcht vor dem winzigen Leben, das in ihrem Schoß Wurzeln schlug.
Wie konnte das möglich sein? Nach dem leichtsinnigen, betrunkenen Fehler, den sie vor wenigen Wochen mit diesem namenlosen Fremden begangen hatte? Die eine Nacht hitziger Leidenschaft, die ihr Leben in Stücke gerissen hatte?
"Oh Gott..." Die geflüsterten Worte entströmten ihren Lippen, als sie den Test gegen ihre pochende Brust drückte. "Was soll ich jetzt tun?"
Ihr Telefon klingelte, der schrille Ton riss sie aus ihrer Spirale betäubter Ungläubigkeit. Sophia zuckte zusammen, ihr Herz sprang ihr in die Kehle, als sie hastig die Anrufer-ID überprüfte.
Lily. Natürlich.
Trotz allem war diese manipulative, giftige Frau angeblich immer noch ihre engste Freundin auf dieser Welt. Oder zumindest war sie es gewesen, bevor sie sie herausgelockt und diesen lebensverändernden Wendepunkt ausgelöst hatte.
Sophia schluckte schwer und zwang ihre zitternden Finger zur Ruhe, als sie den Anruf entgegennahm. "H-Hallo?"
"Nun, wenn das nicht die Braut ist, die davongelaufen ist!", Lilys säurehaltige Worte versetzten Sophia sofort in Alarmbereitschaft. "Hast du dich endlich herabgelassen, meine Anrufe nicht mehr zu umgehen?"
Sophia zuckte bei dem harschen Sarkasmus zusammen, der den Ton ihrer Freundin überzog. "Lily, ich... es tut mir leid, ich hatte einfach so viel zu tun, seit... naja, du weißt schon..."
"Oh ja, seit du deine eigene Multi-Millionen-Dollar-Zukunft auf epische Weise zunichte gemacht hast, indem du Prinz Charming betrogen hast", unterbrach Lily mit einem höhnischen Schnauben. "Ganz zu schweigen davon, dass du deine Chance auf das Felix-Imperium komplett in die Toilette gespült hast. Brillianter Schachzug, Freundin."
Tränen stachen in Sophias Augen, als sie den Stich der Realität wieder einmal spürte. Sie hatte wirklich ihren gesamten vorgezeichneten Weg durch eine sinnlose, egoistische Handlung sabotiert.
"Du musst es nicht immer wieder unter die Nase reiben", würgte sie mit leiser, verletzter Stimme hervor. "Glaub mir, ich zahle jeden einzelnen Tag den Preis für meinen Fehler..."
"Nun, Gott sei Dank wenigstens dafür", feuerte Lily ohne ein Quäntchen Mitgefühl zurück. "Der arme Ethan ist völlig außer sich, weißt du. Er war endlich bereit, weiterzumachen und jemandem, der es wirklich wert ist, eine Chance bei ihm zu geben."
Sophias Magen sank bei den gefühllosen Worten ihrer Freundin. "W...Was meinst du damit? Es ist nicht mal ein Monat her."
Ein harsches Gelächter explodierte durch den Lautsprecher des Telefons. "Schatz, du lebst wirklich hinter dem Mond, oder? Warum sollte er sich überhaupt noch die Mühe machen zu warten, wenn es viel grünere Weiden gibt, zu denen er rennen kann?"
"Lily, hör auf, in Rätseln zu sprechen und sag mir einfach, verdammt noch mal, wovon du redest!", explodierte Sophia, deren zerrüttete Emotionen und Hormone die Oberhand gewannen.
"Er ist bereits mit jemand anderem verlobt, das ist es, was ich sage", stellte Lily unverblümt fest. "Dein lieber Ex-Verlobter heiratet in nur wenigen Wochen wieder. Und du wirst nie erraten, wen..."
Eine eisige Kälte überkam Sophia, als die Andeutung hinter den gnadenlosen Worten ihrer Freundin klar wurde. Sicherlich meinte sie nicht...
"Oh ja, das stimmt", säuselte Lily mit perverser Freude. "Die neue zukünftige Frau Ethan Vance ist niemand anderes als deine geliebte, süße Stiefschwester Olivia!"
Die grausame Enthüllung traf Sophia wie ein Schlag in die Magengrube und raubte ihr den Atem. Olivia - ihre hasserfüllte, hinterlistige Stiefschwester, die ständig versucht hatte, sie während ihres ganzen Lebens zu untergraben und zu sabotieren. Sie hatte es geschafft, Ethan direkt unter Sophias Nase wegzuschnappen, nur wenige Wochen nach ihrer eigenen unverzeihlichen Verfehlung.
"Du...Du lügst...", keuchte Sophia, während Verleugnung und wütende Tränen ihre Sicht verschwommen. "Es gibt keine Möglichkeit, dass diese doppelzüngige Schlange einen Mann wie Ethan verführen könnte, nicht nach allem, was sie getan hat!"
"Glaub es, Liebling", schnurrte Lily triumphierend. "Die Nachricht ist in allen sozialen Medien zu finden, während wir sprechen. Dein kostbarer Prinz Charming hat beschlossen, dass du Schnee von gestern bist und sich ein neueres Modell zugelegt."
Mit einem mulmigen Gefühl griff Sophia nach ihrem Laptop und rief fieberhaft ihre Social-Media-Konten auf. Und da war sie, die schreckliche Trendgeschichte, die auf jeder Seite prangte:
#VanceRebound - Ethan heiratet die Stiefschwester seiner Ex nur 3 Wochen nach der Absage der Hochzeit!
Enthalten war ein Foto, das Sophias Magen zum Kochen brachte - Ethan sah völlig verhärmt und zerstört aus, aber er hatte seinen Arm besitzergreifend um Olivias Taille gelegt, während sie sich mit einem selbstgefälligen kleinen Lächeln an ihn schmiegte.
Sie überflog schnell den Begleitartikel, wobei ihr Herz mit jedem reißerischen Detail sank:
Im Mutter aller heißen Affären hat der Milliardär Ethan Vance einen schmutzigen öffentlichen Betrugsskandal überstanden, nur um hastig in die Arme von Sophia Felix's sexy Stiefschwester zu flüchten! Olivia Felix verschwendete keine Zeit, um sich an die Verwundbarkeit des verstörten Vance heranzumachen...
Sophia konnte nicht weiterlesen und schlug den Laptop zu, während Übelkeit wie ein Sturm in ihr aufstieg. Das konnte nicht wahr sein. Ihr schlimmster Albtraum konnte sich nicht wirklich so entfalten.
"Du siehst es jetzt, nicht wahr?", krähte Lilys kratzende Stimme durch den Lautsprecher des Telefons. "Er hat weitergemacht und sich auf spektakuläre Weise verbessert, während du nur eine weitere traurige, verschmähte Ehebrecherin bist, die im Staub zurückgelassen wurde, um von den Massen verspottet zu werden. Wie sind die Mächtigen gefallen, was Sophia?"
Weißglühende Wut durchfuhr Sophias Adern und löschte ihren Schmerz und ihre Demütigung mit ihrer Intensität vorübergehend aus. Wie wagte es ihre elende, sogenannte Freundin, sich so an ihrer Verwüstung zu weiden?
"Halt deine verdammte Klappe, du elende Hexe!", explodierte sie und umklammerte das Telefon so fest, dass ihre Knöchel weiß wurden. "Das ist doch alles deine Schuld! Wenn du mich an diesem Abend nicht bis zur Besinnungslosigkeit betrunken gemacht und mich wie ein Stück Fleisch irgendeinem Fremden in die Arme geworfen hättest..."
Die Worte starben ihr auf den Lippen, als die Erinnerungen an diesen schicksalhaften Abend in voller Stärke zurückkehrten. Lily, die ihr unaufhörlich einen Drink nach dem anderen in die Hand drückte, sie bis über alle Vernunft hinaus berauschte und sie fast in die Arme eines eifrigen Junggesellen schob...
"Ich habe dich nicht dazu gebracht, deinen loyalen, verehrenden zukünftigen Ehemann im Suff zu betrügen", erwiderte Lily kühl, wobei Verachtung aus jeder Silbe tropfte. "Das lag ganz an dir und deiner Unfähigkeit, deine Höschen anzubehalten. Steh einmal zu deinem Mist, du erbärmliche Schlampe."
Feurige Wut durchfuhr Sophias Adern bei der vulgären Beleidigung. Bevor sie sich zurückhalten konnte, schleuderte sie der bösartigen Frau am anderen Ende der Leitung ätzendes Gift entgegen.
"Du kannst deine falsche, heuchlerische Art nehmen und sie dir direkt in den Arsch schieben, du goldgierige Hure!", spuckte sie und zitterte fast vor Wut. "Das war doch von Anfang an Teil deines verdrehten Masterplans, oder? Du wolltest mein Leben aus deiner tief sitzenden Eifersucht heraus komplett vernichten, und jetzt ist es dir endlich gelungen! Nun, ich hoffe, du kannst nachts wie ein Baby schlafen, wenn du weißt, was für eine verabscheuungswürdige, White-Trash-Schlampe du wirklich bist!"
Die Leitung war für einige Augenblicke still, wobei das abgehackte Atmen beider Frauen die Leere füllte. Schließlich schlüpfte Lilys Stimme in einem tödlich ruhigen Ton heraus.
"Ich verspreche dir, du wirst es bereuen, so mit mir gesprochen zu haben, Sophia. Das kannst du dir merken."
"Ich bereue gar nichts, außer dass ich deinen verlogenen, hinterlistigen Arsch nicht schon früher aus meinem Leben geschnitten habe!", schrie Sophia zurück, wobei ihr wütender Speichel von den Lippen spritzte. "Wir sind fertig, Lily! Diesmal endgültig, du V-"
Die Leitung wurde abrupt mit einem harten Klicken unterbrochen, so dass Sophia das Telefon gegen ihre hämmernde Brust drückte, während Demütigung und Wut ihre Sinne überfluteten.
Wie konnte alles so komplett, so katastrophal in nur wenigen kurzen Wochen entgleisen? Sie hatte ihre gesamte vorgezeichnete Zukunft verloren - das Wirtschaftsimperium, den Respekt ihrer Familie, ihr gesamtes Erbe. Und letztendlich, vielleicht am verheerendsten, hatte sie die Liebe ihres Lebens, Ethan, verloren.
Alles wegen einer dummen, egoistischen Entscheidung, die in einem betrunkenen Moment purer Leichtsinnigkeit getroffen wurde. Ein Fehler, der ihr Leben komplett in Stücke gerissen hatte.
Sophias Hand wanderte instinktiv zu ihrem noch flachen Bauch und wiegte das winzige Leben, das in ihr heranwuchs. Das Baby, das sie während dieser bedauerlichen, hitzigen Affäre mit einem völlig Fremden gezeugt hatte.
Dieses Kind war alles, woran sie sich jetzt noch klammern konnte. Eine ständige Erinnerung an den kolossalen Fehltritt, der solch eine völlige Verwüstung um sie herum verursacht hatte. Trotz der Umstände seiner Empfängnis wusste sie, dass sie dieses Baby innig lieben und jeden Teil von sich selbst dafür einsetzen würde, ihm das stabile, liebevolle Leben zu geben, das sie selbst nie erfahren hatte.
"Es tut mir so leid, Kleines", flüsterte sie mit einer von Reue erfüllten Stimme. "Deine Mama hat wirklich ein apokalyptisches Durcheinander angerichtet. Aber ich verspreche dir, von diesem Tag an werde ich jede Sekunde damit verbringen, es wieder gut zu machen. Dir all die Fürsorge, Hingabe und bedingungslose Liebe zu geben, die sich ein Kind nur wünschen kann..."
















