Mit der letzten Kiste in den Händen stand Emma in der Tür und blickte in den leeren Flur. Die Wände, die einst von dem Lachen ihres Vaters widerhallten, die Böden, die seine Träume getragen hatten, fühlten sich an wie eine hohle Hülle. Ihre Tränen verschwommen alles, und sie ließ sie frei fließen – jeder Tropfen war eine eigene Last. Es war unbegreiflich, dass alles, was ihr Vater mit seinem Schweiß und seiner Mühe aufgebaut hatte, verschwunden war, ihr durch die Finger geglitten war, trotz ihres fieberhaften Kampfes, es intakt zu halten.
Sie hatte so hart gekämpft, sich an die Hoffnung geklammert, aber vielleicht hatte Alexander recht. Vielleicht war es an der Zeit, loszulassen. Der Gedanke durchbohrte ihr Herz, und eine neue Welle der Trauer überrollte sie. Mit zitternden Händen blickte sie sich in dem Flur um, der das Erbe ihres Vaters gewesen war, der Sinn ihres Lebens. Dann drehte sie sich um, verließ den Flur und schloss die Tür hinter sich ab, wissend, dass ein Teil ihrer Seele damit ging. Und sie versprach sich, dass sie nie zurückkehren würde – nie zu diesem Ort, nie zu diesen Erinnerungen, die jetzt nicht einmal bittersüß, sondern nur schmerzhafte Narben waren.
Ein kleiner, stämmiger Mann eilte auf sie zu und nahm ihr die Kiste aus den Armen. Es war Carl, ihr persönlicher Fahrer, solange sie verheiratet gewesen war. Er stellte die Kiste vorsichtig auf den Rücksitz des Wagens, bevor er ihr die Tür öffnete. Sie schenkte ihm ein kleines Lächeln, aber er wusste es besser, als zu fragen, wie es ihr ging. Carl hatte gesehen, welchen Tribut ihr das abverlangt hatte, und sein Herz brach für diese Frau.
Die Fahrt nach Hause war wie im Nebel. Emma saß auf dem Rücksitz, ihre Augen auf die vorbeiziehende Landschaft gerichtet, ohne sie wirklich wahrzunehmen. Sie fühlte sich betäubt, fast gelähmt von Unglaube und etwas, das der Trauer ähnelte. Ein Teil von ihr versuchte noch immer, sich zu sammeln, die Fragmente dieses schrecklichen Schocks zu ordnen. Als sie ihr Ziel erreichten, wusste Emma, dass sie keine andere Wahl hatte, als sich aus ihrer Betäubung zu reißen. Sie durfte andere nicht so zerbrochen sehen lassen. Noch nicht.
Der Abend war hereingebrochen, ehe sie sich versah. Das schwache Licht der Dämmerung warf lange Schatten über den Boden, als Emma sich auf den Weg zur Küche machte, ihre niedrigen Absätze hallten auf den polierten Fliesen. Miranda, die Köchin, lächelte sie an, aber Emma winkte sie ab.
"Miranda, heute Abend übernehme ich das Abendessen", antwortete sie mit fester Stimme, aber einer, die so viel mehr unter den Worten barg. "Du hast heute Abend frei."
Miranda zögerte, es überraschte sie völlig. Emma war nicht dafür bekannt, jemand anderen das Kochen übernehmen zu lassen, aber sie wollte nicht widersprechen. Sie nickte, packte ihre Sachen und ließ Emma in Ruhe nachdenken.
Emma konnte nicht umhin, zu denken, während sie in der Küche das Gemüse schnitt und die Töpfe hütete, dass sich die Dinge zwischen ihnen zu verändern begannen. Nach fünf Jahren kalter Distanz und stummer Worte begann da diese zerbrechliche Wärme zwischen ihnen zu wachsen – ein Gleichnis dafür, eine kleine Flamme zu hüten. Und Emma beschloss, sich darum zu kümmern und sie mit allem zu nähren, was sie brauchte, selbst wenn es Selbstaufopferung durch all diese notwendigen Aufgaben bedeutete. Vielleicht, nur vielleicht, könnten sie es schaffen, wieder aufzubauen, was sie nie wirklich besessen hatten.
Sie gab sich Mühe beim Decken des Tisches, als das Essen fertig war: Die Kerzen flackerten sanft in der Mitte, der Schein warm auf dem feinen Porzellan. Sie hatte für den Abend ein Kleid ausgesucht, tiefrot in der Farbe, mit der Fülle und Lebendigkeit von Blut auf ihrer blassen Haut. Sie hatte ihr Haar fest zu einem Pferdeschwanz zurückgebunden, schlicht und elegant, genau so, wie Alexander es mochte.
Sie sah auf ihre Uhr, und ihr Herz schlug voller Erwartung. Dieser Abend fühlte sich irgendwie nicht wie viele andere an, voller der Verheißung neuer und vielleicht besserer Zeiten. Sie setzte sich und wartete auf ihn, in der Hoffnung, dass in dieser Nacht vielleicht etwas Neues in ihrem Leben auftauchen würde.
Alexander kam normalerweise gegen acht Uhr abends nach Hause, und seine Pünktlichkeit war etwas, worauf Emma sich verlassen hatte. Heute Abend jedoch kroch die Zeit dahin, und um zehn Uhr war er immer noch nicht aufgetaucht. Sie bewahrte ein starkes Herz und wartete, weigerte sich, die Enttäuschung Wurzeln schlagen zu lassen, trotz des wachsenden Schmerzes in ihrer Brust. Die Stunden vergingen, die Kerzen brannten herunter, und immer noch wartete sie.
Erst um elf Uhr fünfundvierzig hörte sie schließlich das vertraute Knirschen seines Wagens in der Garage. Erleichterung überkam sie, aber vermischt mit einem Hauch von Angst. Sie wärmte das Abendessen schnell auf, ihre Hände zitterten ein wenig, als sie die Teller zurück auf den Tisch stellte. Das stille Haus fühlte sich zu groß, zu leer an, als sie sich darin bewegte.
Die Haustür öffnete sich, und Alexander trat ein. Emma hielt den Atem an, als ihr Blick aufstieg und ihre Augen sich mit seinen trafen. All die Jahre, und die Wirkung seines Blicks auf sie hatte sich kein bisschen verändert: Er ließ ihr Herz immer noch Fehlzündungen haben. Er war ein Engel, der die Gestalt eines Menschen annahm – ein Rätsel, das sie nie ganz ergründen konnte. Seine Anwesenheit war gebieterisch und mühelos, erfüllte den Raum, und sie konnte nicht anders, als mit ihrem ganzen Herzen in dieser einfachen Geste zu lächeln.
"Willkommen", sagte sie leise und nahm ihren Platz mit einer Anmut ein, die ihre Nervosität verbarg.
Aber Alexander nahm ihre Begrüßung kaum zur Kenntnis. Er ging einfach an ihr vorbei und nahm dann seinen Platz mit einem erschöpften Gesichtsausdruck ein. Sein Haar war zerzaust, sein Hemd ein wenig aufgeknöpft, aber er sah immer noch wie ein Gott aus – unantastbar, weit weg.
Sie war von der Kälte in seinem Ton nicht mehr überrascht; sie sollte es inzwischen gewohnt sein. Es war die Stille zwischen ihnen, die schmerzte – die schweren, unausgesprochenen Worte in der Luft. Gleichzeitig war sie ihm nicht böse.
Ohne ein weiteres Wort, wie sie es so oft taten, begannen sie zu essen. Das einzige Geräusch war das der Löffel, die gegen die Teller klirrten, etwas, das vor langer Zeit rhythmisch geworden war. Emmas Herz schmerzte darüber, wie weit sie noch voneinander entfernt waren, selbst wenn sie sich am Tisch gegenübersaßen. Sie wusste jedoch, dass sich das nicht an einem Tag ändern würde. Sie waren so lange voneinander entfernt gewesen; etwas wiederaufzubauen, das nie wirklich war, würde Zeit brauchen.
Ihr Blick huschte nach jedem Bissen zu ihm hinauf und fragte sich, welche Gedanken die ganze Zeit hinter diesen müden Augen verborgen waren. Mehr als alles andere wollte sie die Hand ausstrecken und diese sich erweiternde Kluft zwischen ihnen schließen, aber er flößte ihr Angst ein. Alles, was sie tat, war zu warten – wie sie es heute Abend tat – und zu hoffen, dass er sie eines Tages sehen würde, sie wirklich sehen würde, und sie endlich von vorne beginnen könnten.
Er hob ruckartig den Kopf, und seine kalten blauen Augen fixierten sich auf ihre, sein Blick fuhr ihr den Rücken hinunter und verursachte ihr Gänsehaut. Die dicke Atmosphäre war so schwer, dass kein Luftaustausch zwischen ihnen möglich war. Ihr Herz pochte in ihrer Brust, und die Schläge hallten in ihren Ohren wider.
"Ich muss dir etwas sagen", sagte Alexander mit flacher und emotionsloser Stimme.
Emma richtete sich sofort auf; ihr Herz raste vor Aufregung und Nervosität. Sie legte ihr Besteck ab, ihre Augen waren weit vor Neugier. Alexander hatte noch nie ein Gespräch dieser Art begonnen, nicht in all den Jahren, die sie verheiratet waren. Sie wagte es kaum zu glauben – vielleicht war dies der Moment, auf den sie gewartet hatte, der Durchbruch, für den sie gebetet hatte.
Ein Lächeln umspielte ihre Lippen, und eine leichte Röte stieg ihr in die Wangen. Sie hielt den Atem an, wartete und hoffte, dass dies der Beginn neuer, besserer Dinge sein würde.
Dann öffneten sich seine Lippen, und die Worte, die ihnen entfielen, zerstörten ihre Welt.
"Annie ist zurück. Ich will die Scheidung."
















