Sierra wirbelte herum, erschrocken, Theo hinter sich stehen zu sehen. Sie hatte gar nicht bemerkt, wann er gekommen war.
"Onkel Theo, was machst du denn hier?"
Sein scharfer Blick musterte ihr tränenverschmiertes Gesicht und ihre geröteten Augen. Mit tiefer, ruhiger Stimme fragte er: "Wer hat dich verärgert?"
"Niemand. Ich habe nur etwas ins Auge bekommen", stotterte Sierra, ihr Ton aufgeregt, während sie sich beeilte, es zu erklären.
Sie hob die Hand, um sich die Tränen abzuwischen, aber die Bewegung zerrte an ihrer Verletzung, und sie keuchte scharf vor Schmerz. Die Wunde an ihrem Arm hatte sich vorhin wieder geöffnet, als Sophie sie absichtlich gequetscht hatte.
Bevor sie reagieren konnte, erschien eine Hand mit einem Taschentuch vor ihr. Theo war bereits näher getreten, so nah, dass sie Fuß an Fuß standen. Ohne ein Wort wischte er ihr die Tränen aus dem Gesicht.
Sierras Herz zog sich zusammen, und ihr Körper versteifte sich. Die plötzliche Nähe war überwältigend, und der schwache, kühle Kiefernduft von ihm erfüllte ihre Sinne.
Selbst diese Geste – seine Hand, die ihre Haut berührte, während er ihre Tränen abwischte – fühlte sich viel zu intim an.
"Onkel Theo, ich kann das selbst machen", protestierte sie leise und machte einen kleinen Schritt zurück.
Sie griff nach dem Taschentuch, aber bevor sie es nehmen konnte, ergriff Theo ihre Hand.
"Beweg dich nicht", sagte er leise. "Willst du etwa den Gebrauch deiner Hand verlieren?"
Sierra erstarrte. Seine Fingerspitzen drückten leicht gegen ihr Handgelenk, ihre Wärme drang in ihre Haut ein, und sie spürte, wie die Hitze in ihre Ohren stieg.
Theo wischte sanft die Tränen aus ihrem Gesicht, sein Blick verweilte auf ihren geschwollenen Augen und feuchten Wimpern. Seine Lippen zogen sich zu einer dünnen, straffen Linie zusammen, bevor er sprach, sein Ton kalt und direkt.
"War es Benson, der dich verärgert hat?"
Sierras Gesichtsausdruck veränderte sich. Sie sah zu ihm auf, begegnete seinem tiefen, durchdringenden Blick und schüttelte rasch den Kopf. "Nein. Wirklich, ich habe nur etwas Sand ins Auge bekommen."
"Sierra, wenn du mich schon anlügst, dann denk dir wenigstens eine bessere Ausrede aus. Woher soll denn in einem Restaurant Sand kommen?"
Seine Worte durchschnitten ihren plumpen Täuschungsversuch.
Sierra biss sich fest auf die Lippe. Sie wollte nicht über das sprechen, was zwischen ihr und Benson passiert war, besonders nicht mit Theo. Schließlich war er auch ein Teil der Gray-Familie.
Wenn sie es ihm erzählte, würde er dann nicht doch Partei für Benson ergreifen?
"Onkel Theo, das ist eine private Angelegenheit. Ich möchte nicht darüber sprechen", sagte sie nach einem tiefen Atemzug.
"Was, wenn ich darauf bestehe, es zu wissen?"
Theo machte einen bewussten Schritt nach vorn und verringerte den Abstand zwischen ihnen in einem Augenblick.
Seine Stimme war immer noch ruhig und maßvoll, wie die stille Oberfläche eines tiefen Sees, der unberührt vom Wind ist. Aber darunter lag ein unerschütterlicher Druck, leise, aber unmöglich zu ignorieren.
Das Waschbecken hinter Sierra ließ ihr keinen Raum für einen Rückzug. Ihr Handgelenk wurde immer noch sicher in Theos Griff gehalten, und sein hochgewachsener Körper überragte sie und hüllte sie vollständig ein. Es war, als wäre sie in seinen Orbit gezogen worden, unfähig, sich zu befreien.
Sierras Herz begann gegen ihren Willen zu rasen. Sie war immer darauf bedacht gewesen, Grenzen zu anderen zu wahren, aber Theos bewusster Schritt nach vorn hatte jede unausgesprochene Linie überschritten, die sie gezogen hatte.
Auch wenn sie ihn "Onkel Theo" nannte, war er in Wahrheit nur fünf Jahre älter als sie.
Unsicher, wie sie reagieren sollte, zögerte Sierra einen Moment, bevor sie sich zwang, gefasst zu bleiben. "Onkel Theo, ich respektiere dich als Älteren, aber findest du es nicht unangemessen, so nah bei mir zu stehen?"
"Ich passe nur auf mein Junior auf. Was geht in deinem Kopf vor?"
Theos schwaches Grinsen vertiefte sich, als er sprach, und die dunklen Tiefen seiner Augen glänzten mit einem subtilen Hauch von Belustigung.
Sierras Gesicht rötete sich augenblicklich. Aus dem Augenwinkel bemerkte sie plötzlich ein Paar, das um die Ecke bog und direkt auf sie zukam.
Ihr Gesichtsausdruck veränderte sich, und mit leiser, dringender Stimme sagte sie: "Lass meine Hand los."
"Du hast meine Frage noch immer nicht beantwortet", erwiderte Theo ruhig, sein Griff unerschütterlich, als ob ihre Bitte ihn überhaupt nicht beeindruckt hätte.
Das Paar kam näher, ihre Schritte hallten im Flur wider. Zähneknirschend packte sie Theos Hand, zog ihn in die nahegelegene Toilette und schloss schnell die Tür hinter ihnen.
Einen Augenblick später ertönte Bensons unverwechselbare Stimme direkt vor der Tür. "Sierra, ich weiß, dass du auf der Toilette bist. Komm raus."
Sierra warf Theo einen Blick zu, gerade als er nach dem Türgriff griff, seine Absicht war klar. Ohne nachzudenken stürzte sie sich nach vorn und schlang ihre Arme um seine Taille, um ihn aufzuhalten.
"Öffne sie nicht. Ich will ihn nicht sehen", flüsterte sie eindringlich.
Plötzlich fand sich Theo in einer sanften Umarmung wieder. Haarsträhnen strichen leicht über sein Kinn, und sein Gesichtsausdruck verdunkelte sich. Sein Adamsapfel bewegte sich leicht auf und ab, als er schluckte.
















